Sylvie Nantcha

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Sylvie Nantcha (2012)

Sylvie Nantcha (* 23. August 1974 in Maroua, Kamerun) ist eine deutsche Germanistin und Politikerin (CDU). 2009 war sie die erste afrodeutsche CDU-Stadträtin in einer deutschen Kommune. Sylvie Nantcha ist Hauptpreisträgerin des Helene-Weber-Preises 2011.[1] Sie ist die Initiatorin und Bundesvorsitzende von TANG – The African Network of Germany und hat mehr als 20 Projekte initiiert und durchgeführt in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bundesministerien.

Jugend in Kamerun[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nantcha stammt aus Kamerun, lebt seit 1992 in Deutschland und hat seit 2003 die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie wurde in Maroua als viertes von sieben Kindern von Berthe und François Djeumo geboren.

Nantchas Vater François Djeumo war bis 1986 Chief Officer der Stadtwerke SONEL in Kamerun. Von 1987 bis 2007 arbeitete er mit seiner Frau Berthe als Hotelunternehmer in Kamerun. Beide waren 15 Jahre lang sehr aktiv in der katholischen Kirche in Kamerun; François Djeumo als Vorstandsmitglied des Pastoralrates des Bistums Bafoussam, Berthe Djeumo als Vorsitzende des Pfarrgemeinderates in Kamkop Bafoussam und als Vize-Präsidentin der katholischen Frauengemeinschaft in Kamerun.

Nantcha besuchte den Kindergarten im Alter von zwei Jahren und begann die Grundschule als sie vier Jahre alt war. Sie bestand im Alter von 16 Jahren ihr Abitur am Lycée classique (humanistischen Gymnasium) von Bafoussam. Im selben Jahr begann sie ein Germanistikstudium an der Universität Yaoundé.

Aus Kamerun nach Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nantcha kam 1992 im Alter von 17 Jahren zum Studium nach Deutschland. Von 1992 bis 1993 lernte sie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die deutsche Sprache (DaF). Von 1993 bis 1999 studierte sie in Freiburg Germanistik, Romanistik und Sprachwissenschaft. 2008 promovierte sie im Bereich der Interkulturellen Germanistik zum Dr. phil.[2] Seit 2009 ist sie freiberuflich tätig. Im selben Jahr verfasste sie ein Buch für den Weltgebetstag 2010. 2010 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann, einem SAP-Senior-Berater, ein Beratungsunternehmen. Sie ist interkulturelle Germanistin, Moderatorin von Tagungen und Workshops, Fachreferentin und Trainerin und arbeitet mit wissenschaftlichen, politischen, kulturellen und kirchlichen Organisationen. Seit 2015 arbeitet sie als Projektmanagerin in den Bereichen Integration, Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaft. Sie leitet mehrere bundesweiten und internationale Projekte. Das Projekt „Lost Dreams“ klärte z. B. mehr als 100.000.000 Menschen in sieben afrikanischen Ländern über die Risiken einer Europareise über das Mittelmeer und durch die Wüste auf.

Ferner bringt sie ihre Expertise in mehr als 25 Gremien der Bundesbehörden und Bundesministerien in den Bereichen Integration, Migration, Rassismusbekämpfung, Fluchtursachenbekämpfung, Afrika-Politik und Entwicklungszusammenarbeit ein. Sie ist Mitglied von unterschiedlichen Arbeitsgruppen zur Fortentwicklung vom NAP-I (Nationaler Aktionsplan für Integration) unter der Federführung der Integrationsbeauftragten der Bundeskanzlerin und mehreren Bundesministerien.

Sie war von 2019 bis 2021 Mitglied der Kommission Fluchtursachenbekämpfung der Bundesregierung. Die unabhängige Fachkommission Fluchtursachen erhielt im Juli 2019 von der Bundesregierung den Auftrag, Ansätze für eine wirksame Minderung dieser Ursachen zu entwickeln. Die Bundesregierung setzte damit einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag vom März 2018 um. Die 24 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft und internationalen Organisationen haben seit Oktober 2019 das breite Spektrum an flucht- und migrationsrelevanten Themen – von Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und politischer Verfolgung bis hin zu Ressourcenknappheit, struktureller Ernährungsunsicherheit, Ungleichheit und den Folgen des Klimawandels – behandelt. Nach anderthalb Jahren intensiver Analyse hat die Fachkommission Fluchtursachen unter dem Vorsitz von Bärbel Dieckmann und Gerda Hasselfeldt am 18. Mai 2021 der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag ihre Ergebnisse in einem Bericht vorgestellt. Die Kommissionsmitglieder haben damit Vorschläge für Deutschlands künftiges Engagement entlang der gesamten thematischen Bandbreite auf nationaler und internationaler Ebene vorgelegt. Ihr Bericht schließt mit 15 konkreten Handlungsempfehlungen an die im Herbst 2021 neu gewählte Regierung, damit Deutschland die notwendigen Weichen für die Minderung der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration stellen kann.

Wissenschaft und Hochschule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen der Exzellenzinitiative hat sie als Geschäftsführerin und Koordinatorin die Graduiertenakademie der Universität Freiburg bis 2008 mit aufgebaut.[3] Sie konzipierte und führte die ersten Qualifizierungsangebote der Doktoranden der Universität Freiburg, die ersten internationalen Milestone-Kolloquien,[4] die ersten Semesterauftaktveranstaltungen der Doktoranden der Universität Freiburg[5] und betreute Masterstudenten und Doktoranden.[6] Obwohl inzwischen nicht mehr an der Universität tätig, ist sie weiterhin wissenschaftlich engagiert. Seit 2007 ist sie Regionaleiterin von Thesis Baden-Württemberg[7] und Mitglied der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik.

Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte sind Mehrsprachigkeit, Spracherwerb, interkulturelle Literatur, Diversität, interkulturelle Kommunikation, Kulturkontaktformen, soziale Dimension der Identitätskonstruktion und Afrika-Fremdwahrnehmung.

Sie ist Beiratsmitglied von ACT.

Politische Arbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nantcha ist 2009 als erste afrodeutsche CDU-Stadträtin in Freiburg und Deutschland gewählt worden. Von 2009 bis 2014 und von 2016 bis 2019 war sie Stadträtin in Freiburg im Breisgau.[8][9] In 2009 wurde sie als erstes afrodeutsches Mitglied in Deutschland in Baden-Württemberg in einen Landesvorstand[10] der CDU gewählt.[11] Sie ist Landesvorstandsmitglied der Frauen-Union in Baden-Württemberg und Landeskoordinatorin des Migrantinnen-Netzwerks der Frauen-Union Baden-Württemberg.[12] Als Stadträtin war sie Sprecherin[13] der CDU-Fraktion für Bildung und Integration. Beide Sprecherämter und auch den Sitz im Schulausschuss verlor sie 2011.[14] Sie war Mitglied des Umweltausschusses und Patin der Stadtteile Betzenhausen-Bischofslinde und St. Georgen. Sie war Mitglied des Nachhaltigkeitsrates der Stadt Freiburg,[15] Mitglied des Vorstandes der Volkshochschule der Stadt Freiburg[16] und stellvertretendes Mitglied des Lenkungsausschusses der Metropolregion Oberrhein.[17] 2012 scheiterte sie deutlich in der parteiinternen Nominierung zur Bundestagskandidatin im Bundestagswahlkreis Freiburg.[18] Seit 2013 ist Nantcha nicht mehr Mitglied des Landesvorstandes der CDU.[19] Bei den Kommunalwahlen 2014 verpasste Nantcha knapp die Wiederwahl in den Freiburger Stadtrat, zog aber für den verstorbenen Hansjörg Sandler im April 2016 wieder in den Stadtrat ein.[20]

2001 gründete sie den interkulturellen Deutsch-Afrikanischen Verein (IDAV e. V.)[21] und ist seit 2006 Lektorin der Pfarrei St. Peter und Paul in St. Georgen. Seit 2007 ist sie Mitglied des Vorstands der Außerunterrichtlichen Betreuung (AUB) der Anne-Frank-Grundschule in Betzenhausen-Bischofslinde. Nantcha unterstützt verschiedene Migrantenselbstorganisationen und kirchliche Organisationen. Ihre politischen Schwerpunkte sind in den Bereichen Bildung, Integration, Familie, Wirtschaftsförderung, Entwicklungszusammenarbeit und Umwelt zu verorten.

TANG- The African Network of Germany|TANG – The African Network of Germany e.V.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sylvie Nantcha ist Initiatorin und Bundesvorsitzende von TANG – The African Network of Germany.[22] Seit 2015 führte sie circa 20 Projekte bundesweit in Zusammenarbeit mit Bundesministerien durch, darunter Projekte wie Menschen stärken Menschen, Vielfalt gestalten, Lost dreams. Schwerpunkt der Arbeit von TANG ist auch die Mitgestaltung der deutschen Integrationspolitik durch die aktive Teilnahme an integrationspolitischen Treffen der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und am Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin sowie die Erarbeitung eines Positionspapiers für den Integrationsgipfel. Das Bundesnetzwerk TANG vernetzt aktuell mehr als 900 afrodeutsche Vereine. Schwerpunkte der Arbeit sind die Integration von Menschen mit afrikanischer Abstammung in Deutschland und die Stärkung der deutsch-afrikanischen Beziehungen. Die Geschäftsstelle des Bundesnetzwerks TANG befindet sich in Freiburg. Seit 2014 nimmt Sylvie Nantcha jedes Jahr am Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin und an den Dialogrunden der Bundesintegrationsbeauftragten im Bundeskanzleramt teil.

Fachkommission Fluchtursachen|Kommission Fluchtursachenbekämpfung der Bundesregierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sylvie Nantcha war von 2019 bis 2021 Mitglied der Kommission Fluchtursachenbekämpfung der Bundesregierung. Die unabhängige Fachkommission Fluchtursachen erhielt im Juli 2019 von der Bundesregierung den Auftrag, Ansätze für eine wirksame Minderung dieser Ursachen zu entwickeln. Die Bundesregierung setzte damit einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag vom März 2018 um. Die 24 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft und internationalen Organisationen haben seit Oktober 2019 das breite Spektrum an flucht- und migrationsrelevanten Themen – von Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und politischer Verfolgung bis hin zu Ressourcenknappheit, struktureller Ernährungsunsicherheit, Ungleichheit und den Folgen des Klimawandels – behandelt. Nach anderthalb Jahren intensiver Analyse hat die Fachkommission Fluchtursachen unter dem Vorsitz von Bärbel Dieckmann und Gerda Hasselfeldt am 18. Mai 2021 der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag ihre Ergebnisse in einem Bericht vorgestellt. Die Kommissionsmitglieder haben damit Vorschläge für Deutschlands künftiges Engagement entlang der gesamten thematischen Bandbreite auf nationaler und internationaler Ebene vorgelegt. Ihr Bericht schließt mit 15 konkreten Handlungsempfehlungen an die im Herbst 2021 neu gewählte Regierung, damit Deutschland die notwendigen Weichen für die Minderung der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration stellen kann.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sylvie Nantcha ist Mutter von zwei Söhnen und einer Tochter.

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Interdisziplinarität, Kulturtransfer, Literatur. Afrika-Fremdwahrnehmung in ausgewählten deutschsprachigen Reisewerken von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart. Königshausen & Neumann 2009, ISBN 978-3-8260-4071-9

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sylvie Nantcha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Website des Helene-Weber-Preises. Aufgerufen am 14. Oktober 2011.
  2. weltbild.de
  3. Rudolf-Werner Dreier: Colloquium der Internationalen Graduiertenakademie der Universität Freiburg. In: idw - Informationsdienst Wissenschaft. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, 30. November 2007, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  4. pr.uni-freiburg.de
  5. pr.uni-freiburg.de
  6. studentenwerk.uni-freiburg.de@1@2Vorlage:Toter Link/www.studentenwerk.uni-freiburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF)
  7. http://www.thesis.de
  8. Profil von Nantcha auf der Seite des Stadtrats von Freiburg.
  9. Simone Lutz: Sylvie Nantcha im Vorstand. In: Badische Zeitung. 23. November 2009, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  10. bundeswahlleiter.de (Memento vom 16. Juni 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,2 MB)
  11. Landesvorstand. Abgerufen am 23. Oktober 2021.
  12. fu-bw.de (Memento des Originals vom 10. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fu-bw.de
  13. Amtsblatt Freiburg (Memento vom 10. März 2014 im Internet Archive)
  14. Zwist in der CDU-Fraktion: Nantcha gibt Sprecherämter auf (Badische Zeitung vom 5. Juli 2011) CDU und Nantcha: Eklat gerade noch vermieden (Badische Zeitung vom 28. Juli 2011).
  15. cdu-fraktion-freiburg.de
  16. vhs-freiburg.de (PDF; 7,6 MB)
  17. regionfreiburg.de@1@2Vorlage:Toter Link/www.regionfreiburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 53 kB).
  18. CDU-Kandidat Matern von Marschall: 51 Prozent im ersten Wahlgang (Badische Zeitung vom 29. Oktober 2012).
  19. Karriereknick für Nantcha (Badische Zeitung vom 16. September 2013).
  20. Badische Zeitung vom vom 12. April 2016.
  21. idav-freiburg.de (Memento vom 22. September 2013 im Internet Archive)
  22. The African Network of Germany e.V. - Home. Abgerufen am 10. April 2018.